Autorin: Marleen Nolte
Sinnentnehmendes Lesen zu fördern ist Auftrag aller Schulfächer, denn in jedem Fach müssen Texte unterschiedlicher Art verstanden und bearbeitet werden.
Je besser die Lesefähigkeit, desto leichter die Teilhabe am Lernen.
Ernst zu nehmen waren und sind demnach die Ergebnisse der PISA-Studie, die schon vor 20 Jahren teils gravierende Defizite bei der Lesefähigkeit von Schüler:innen in Deutschland bescheinigten (u.a. Baumert et al., 2001; Bos et al., 2003). So weit muss man jedoch gar nicht zurückgehen.
Im März 2022 veröffentlichte das Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Uni Dortmund eine Studie zur Lesekompetenz von Viertklässler:innen. Das Ergebnis: Durch Unterrichtsausfälle, Wechsel von Distanz- und Präsenzlernen sowie hybriden Unterrichtsmodellen in der Pandemie konnten die 4300 getesteten Schüler:innen schlechter lesen als Viertklässler:innen 2016 (IFS, 2022). Im Durchschnitt fehle den 4300 getesteten Schüler:innen im Durchschnitt ein halbes Schuljahr, was dazu führte, dass der Anteil der starken und sehr starken Lesenden von 44 Prozent (2016) auf 37 Prozent sank und heute 6% mehr Viertklässler:innen über eine schwache bis sehr schwache Lesefähigkeit verfügen (Ebd.)
Lesekompetenztrainings wie BISS (Bildung in Sprache und Schrift) auf Bundesebene, oder „Lesen macht stark“ in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg, „FilBY“ in Bayern oder die Initiative „Lust auf Lesen & Kultur“ in Thüringen gibt es bereits in Schulen und sollen die Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler nachhaltig fördern.
Die Friedegart-Belusa-Gemeinschaftsschule (FBG) in Büchen setzt seit den Sommerferien 2022 auf die Stärkung der intrinsischen Lesemotivation. Nachdem die Fachschaftsleiterin Deutsch auf einer Lehrer:innenkonferenz von dem Projekt „rotierende Lesestunde“ berichtete, das sie auf einer Fortbildung vorgestellt bekommen hatte, wurde es fest in den Stundenplan verankert.
Konkret bedeutet es für den Schulalltag: Jede Woche liest die gesamte Schule (mit Ausnahme der Oberstufe), Schüler:innen sowie Lehrkräfte, in einer 45-minütigen Stunde eine freigewählte Lektüre. Diese wird von zu Hause mitgebracht oder, bei Bedarf, von der Schule bereitgestellt. In der rotierenden Lesestunde ist es auch möglich, fremdsprachige Lektüre zu lesen. Kolleginnen und Kollegen berichteten bereits von Schüler*innen, die englische Bücher lasen. Im Anschluss an die Lesezeit wird kurz in einem Leselogbuch festgehalten, was gelesen wurde.
Die Resonanz? Bisher überwiegend positiv. Die Kolleg:innen berichten von Schüler:innen, die zuverlässig ihre Lektüre mitbringen und 45 Minuten Lesezeit durchhalten, sogar genießen. Auch sie selbst freuen sich über die private Lesezeit.
Eine umfassendere Evaluation wird zum Sommer 2023 durchgeführt.
Literatur
Artelt, C./ Demmrich, A./ Baumert, J. (2001): Selbstreguliertes Lernen. In: Baumert, J. u.a. (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. — Opladen, S. 271–298.
Bos, Wilfried, et al., 2003: Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann.