Ein Erfahrungsbericht aus einer universitären Lehrveranstaltung
Von seinen Entwicklern wird die Software folgendermaßen beworben:
„Kahoot! is a free game-based learning platform for teachers of awesome, classroom superheroes and all learners. Play, learn, have fun and celebrate together!“ (http://kahhot.com)
Bei Kahoot! handelt es sich um eine Art Quiz mit vorgegebenen Antworten, das von den Nutzer_innen der Plattform selbst erstellt werden kann und durch die Anreicherung mit spielerischen Elementen, wie Punkten, zeitlichen Limitierungen oder Auszeichnungen die Motivation beim Lernen steigern soll. Da es in meinem Seminar zu einem wesentlichen Teil um Gamification und seine Lerneffekte ging, erschien mir Kahoot! demnach und auf Grundlage der Beschäftigung während einer Lehrfortbildung mit dieser Methode als überaus geeignet. Ich habe mich auch gefragt, ob ich es den Studierenden überlasse, damit ein Angebot zu gestalten und selbst das Kahoot!-Quiz zu entwickeln. Vorerst habe ich mich aber dagegen entschieden und es in der letzten Sitzung selbst zu einer Art kurzen Wiederholung der gesamten Lerninhalte genutzt. Ursprünglich hatte ich auch überlegt, Kahoot! schon früher im Seminarverlauf einzusetzen, aber die Vorbereitung erschien mir dann doch zu aufwendig, und ich hatte das Gefühl, es sprengt den Rahmen der ansonsten bereits ausgefüllten Sitzungen. Diesen Eindruck habe ich jetzt nicht mehr. Das Erstellen ist zwar etwas aufwendiger, aber es lohnt sich.
Vorgehensweise
Ich habe zu fast jedem Text der Lehrveranstaltung eine Frage mit vier Antwortmöglichkeiten erstellt und ein passendes Bild dazu ausgewählt. Dabei sind Fragen und Thesen der Studierenden, die sie zuvor jeweils in der Vorbereitung zu den einzelnen Sitzungen des Seminars erstellt haben, eingeflossen. Unterdessen ist es mir sehr schwer gefallen, falsche Antworten zu finden, während ich es didaktisch für sinnvoller hielt, mehrere richtige Antworten zu geben. Leider unterstützt Kahoot! keine Mehrfach-Nennungen. Als ich dies im Nachhinein beim Testen bemerkte, habe ich die Fragen dann entsprechend mit Verneinung umformuliert (Abb. 2). Darüber hinaus habe ich Ja/Nein-Fragen formuliert und die Antwortzeiten nach Bauchgefühl unterschiedlich definiert. In der vorletzten Sitzung bat ich die Studierenden, sich die App herunter zu laden und auszuprobieren, damit wir in der Woche darauf nicht so viel Zeit mit technischen Fragen während der Sitzung verbringen würden.
Anwendung und Reflexion
Im Seminarraum entstand schnell eine ganz andere Atmosphäre. An der Leinwand war eine Frage zu sehen, die Studierenden hielten ihre Handys bereit und ließen sich sofort von dem Spiel einnehmen. Dazu trug auch die Gestaltung des Tools sowie sein variierender Soundtrack zur ablaufenden Zeit bei. Schon während der zweiten Frage „Der Wandel zu „School 2.0“ in Anlehnung an Web 2.0 wird von welchen Faktoren nicht begünstigt?“ (Abb.2) schienen alle Anwesenden inklusive mir selbst als „Quizmaster“ vollkommen von der Spielumgebung erfasst worden zu sein. Passenderweise ertönte zufällig genau zu dieser Frage dramatisch aufgeladene Orchestermusik. Anschließend feierten sich die Studierenden dem Highscore entsprechend, außerdem kam extreme Spannung auf, wenn klar wurde, dass die meisten Stimmen schon abgegeben worden sind.
Insbesondere an einer Ja/Nein-Frage offenbarte sich das Potential von Kahoot!, Raum für Diskussionen zu lassen und das Feedback der spielenden Studierenden im Plenum einzuordnen. Die Aussage „Schminkvideos werden nicht als Werk mit starker Autorenschaft wahrgenommen!“ wird nämlich auch im zugrundeliegenden Text nicht zweifelsfrei formuliert, bietet aber sehr gute Diskussionsgrundlagen und führte in dem Moment zu ausführlichen Rücksprachen und Beurteilungen der These. Gleichzeitig offenbarte sich mir um so besser, was von der zurückliegenden Sitzung noch erinnert wurde und ob ich den Autorenbegriff nicht stärker hätte fokussieren müssen.
Von den Studierenden wurde Kahoot! zwar vorwiegend als Wettkampf wahrgenommen und aufgrund seiner klaren quantitativen Maßstäbe geschätzt, das Potential für qualitative Daten und Diskussionen ist allerdings nicht zu unterschätzen.
Für mich als Lehrenden, aber auch für die Studierenden wird anhand des „Highscores“ (Abb.4) sofort messbar, ob zumindest die grundlegenden Kenntnisse, auf die meine Fragen abzielten, erlernt wurden, wichtiger erscheinen mir jedoch die persönlichen differenzierten Diskussionen zwischen den Fragestellungen.
Die Studierenden hätten jedenfalls nichts dagegen, wenn Kahoot! regelmäßiger, etwa zweimal pro Seminar eingesetzt würde. Das System ist zwar beschränkt und ich hoffe, dass es in Zukunft noch mehr Möglichkeiten implementiert, aber schon jetzt sorgt es für abwechslungsreiche Sitzungen und ermöglicht einen interessanten Weg eine Lehrveranstaltung zu evaluieren, gezieltes Feedback einzuholen und dieses gemeinsam mit den Studierenden und in der Rolle als Lehrender zu reflektieren.
Link zum Kahoot
Dieser Text entstand im Rahmen der Erstellung eines Lehrportfolios zur Reflexion des Themenschwerpunkts „Evaluation&Feedback“ im Lehrzertifikatsprogramm der Leuphana Universität. Die Lehrveranstaltung wurde an der Stiftung Universität Hildesheim im WS 2017/18 im Fachberech Kulturwissenschaften durchgeführt:
Serious Games vs. youTube-Tutorials: selbstgesteuertes Lernen mit digitalen Medien E-Learning wird langsam zur Selbstverständlichkeit, aber was meint in diesem Kontext „Gamification“, wann sind Games „serious“ und wieso gibt es für jede Kleinigkeit mittlerweile ausführliche Video-Tutorials. Im Seminar wollen wir uns mit den didaktischen Möglichkeiten verschiedener Medien und ihren Ausprägungen in Form von Video-Tutorials, Games und Apps beschäftigen. Dazu werden Beispiele aus den genannten Themenfeldern in Hinblick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede analysiert und zu Didaktik, Design, Medientheorie und Spieltheorie in Beziehung gesetzt.