Autor: Marcus Schilling
„Boah, das ist voll viel und ich verstehe ja eh nichts.“
Der Erfahrung nach kommt diese Reaktion leider viel zu häufig vor, wenn es darum geht, einen Text im Englischunterricht zu lesen. Schüler:innen stöhnen über den Umfang des Textes („Oh, das geht da ja noch weiter.“ / „Sollen wir etwa alles lesen?“), das Thema („Was interessieren mich denn die Ureinwohner in Amerika?“) und über das Lesen überhaupt („Gibt’s das auch als Film?“ / „Ich habe keinen Bock zu lesen.“). Nun kommt man im Englischunterricht allerdings nicht darum herum, auch mit Texten zu arbeiten, weshalb es sich lohnt, einmal zu schauen, welche möglichen Gründe für eine geringe Lesemotivation beobachtet werden können.
… warum eigentlich?
Die Gründe für eine geringe Lesemotivation bei den Schüler:innen, die aus dem praktischen Englischunterricht abgeleitet werden können, sind divers. So ist festzustellen, dass viele Texte, insbesondere in älteren Lehrwerken, nicht adressat:innengerecht sind. Sie spiegeln in keiner Weise die Lebenswelt und Interessen der Kinder wider. Dazu kommt, dass die Erfahrung zeigt, dass immer weniger Schüler:innen dazu bereit sind, sich einen Text selbstständig zu erarbeiten und eine gewisse Anstrengung zu unternehmen, um den Text zu verstehen, sobald sie auf Widerstände stoßen (z.B. durch fehlendes Vokabular). Für viele Schüler:innen wirken längere Texte regelrecht abschreckend.
Dies ist mit Sicherheit auch auf die digitalen Medien zurückzuführen, durch welche die Kinder lernen, Inhalte, die für sie nicht interessant sind, schnell durch spannendere zu ersetzen. Oftmals bekommen Kinder durch einen Algorithmus ohnehin nur für sie interessante Themen präsentiert.
Des Weiteren sei zu sagen, dass viele Texte im Lehrwerk schlicht überdidaktisiert sind. So wird z. B. versucht ein grammatikalisches Konstrukt möglichst oft in einem Dialog unterzubringen, worunter die Authentizität enorm leidet („Wer spricht denn so?“).
Und was kann jetzt gemacht werden?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Schüler:innen für das Lesen im Englischunterricht zu begeistern:
- Eine Umfrage kann der Lehrkraft dabei helfen, Inhalte adressat:innengerechter auszuwählen.
- Ein gemeinsamer Wortspeicher von unbekannten Vokabeln (an der Tafel) kann den Schüler:innen beim Verständnis helfen. (Wer eine Vokabel nicht weiß, schreibt diese an die Tafel. Wer sich die Übersetzung erschließen kann oder das Wort kennt, kann die Übersetzung ergänzen.)
- Während des Lesens kann ein Vokabellernblatt (Download Word-Datei/Downlaod PDF-Datei) helfen, das Vokabular zu festigen. Die Vokabeln können aus dem Wortspeicher übernommen werden.
- Den Schüler:innen sollten auch Angebote abseits des Lehrwerks gemacht werden. Eine Zeitschrift im Abonnement mit Themen aus der Lebenswelt der Schüler:innen kann eine gute, ergänzende Lesegelegenheit darstellen. (Zum Beispiel die Zeitschriften vom Bridge Publishing House.)
- Je geringer die Jahrgangsstufe, desto höher sollte der Bildanteil sein. Mit dem Einsatz von Bildern kann auch der Text differenziert werden („Schaue dir bei Bedarf das Bild als Ergänzung zum Text an.“).
- Texte sollten „In kleinen Portionen“ bearbeitet werden – mit verschiedenen Formen von „While Reading Activities“ nach jedem Abschnitt, welche das Verständnis bei den Schüler:innen sicherstellen. Nichts ist frustrierender und demotivierender, als das Gefühl „Nichts zu verstehen“. Ein Sicherstellen des Verständnisses durch kleinschrittiges Überprüfen mit Hilfe der Lehrkraft kann hier vorbeugen. Je nach Klassenstufe und Lerngruppe können die Längen der einzelnen Abschnitte und die Lehrkraftzentrierung variiert werden.
- Insbesondere bei Pre- und While- Reading Activities sollte darauf geachtet werden, dass der Fokus auf dem Lesen und dem Verstehen des Gelesenen liegt. Zu komplexe schriftliche Aufgaben während dieser Phasen führen oftmals ebenfalls zu einer Demotivation der Schüler:innen, sich mit einem Text auseinanderzusetzen.
- Der Einsatz eines digitalen Wörterbuchs (z.B. übers Handy) kann für die Schüler:innen motivierend sein.